Der Kauf einer Immobilie über die Zwangsversteigerung kann eine gute Möglichkeit und eine günstige Gelegenheit sein, bei der man durchaus ein Schnäppchen erwerben kann. Jedoch sind auch erhebliche Risiken beim Kauf einer Immobilie vor Gericht verbunden.
1. Informationen, wie erfahre ich von einer Zwangsversteigerung
Zeitung
Wie beim normalen Immobilienkauf, bietet die Tageszeitung die beste Möglichkeit sich über bevorstehende Zwangsversteigerungen zu Informieren. Bei der Tageszeitung findet man unter der Rubrik “Öffentliche Bekanntmachungen” Gerichtstermine für Zwangsversteigerungen. Dort erfährt der Kaufinteressent, wann, was und wo der Verkauf statt findet. Außerdem sind in diesen Anzeigen die Größe und der Verkaufspreis zu erfahren. Im Immobilienteil werden öfters Hinweise auf Zwangsversteigerungstermine hingewiesen. So inserieren häufig die Gläubigerbanken von bevorstehenden Terminen von Versteigerungen.
Kataloge und Heftchen
Es gibt entsprechende Zwangsversteigerungskataloge, in denen die Termine von Versteigerungen in Ihrem Wohngebiet vermerkt werden. Die Kataloge sind meist gegen eine geringe Gebühr käuflich zu erwerben und sind im Immobilienteil der Tageszeitung zu finden.
Banken
Bei den Rechtsabteilungen der Banken erhält man häufig Auskunft über deren bevorstehende Versteigerungen.
Verwalter
Auch der Verwalter kann eine Menge Infos zur Wohnung beisteuern. Er kennt sich mit der Eigentumswohnungsanlage gut aus. Vielleicht kann er sogar einen Besichtigungstermin vermitteln.
Internet
Eine weitere gute Alternative bietet das Internet. Hier ist vor allem die Seite www.focus.de zu empfehlen. Hier findet man eine ausführliche und gut gegliederte Datenbank, die ständig aktualisiert wird. Mehrere Such- möglichkeiten stehen zur Wahl.
2. Objektbesichtigung
Wie beim normalen Erwerb einer Immobilie, ist eine genaue Prüfung und Besichtigung vor der Zwangsversteigerung unerlässlich. Leider haben Sie keinen Rechtsanspruch darauf, Haus oder Wohnung von innen zu besichtigen. Nicht selten wird die Erlaubnis sogar dem Gutachter verweigert. Doch gerade dann sollten Sie sich um einen Blick hinter die Kulissen bemühen. Nur erfahrene Profis verzichten zur Not auf eine Innenbesichtigung.
Die Besichtigung ist meist ein schweres Unterfangen. Der Eigentümer hat häufig wenig Interesse sein Haus oder die Wohnung vielen fremden “Eindringlingen” zu zeigen. Der Verkäufer ist desinteressiert und fühlt sich von den Gläubigern im Stich gelassen und betrogen. Viele Besitzer wollen die bevorstehende Zwangsräumung nicht wahrhaben und sträuben sich gegen mögliche Käufer. Mit etwas Geschick und Freundlichkeit ist aber auch hier eine Besichtigung durchaus möglich. Haben Sie bei vermieteten Objekten keine Scheu, den Mieter anzusprechen: Vielleicht möchte er ja ganz gerne den möglichen neuen Besitzer kennen lernen. Gute Informationen können auch Nachbarn geben. Vielleicht ist der Grundriss ähnlich oder gleich. Sie kennen sich bei der Wohnung gut mit den Nebenkosten, Rücklagen und bevorstehenden Renovierungen im Haus aus. Wissen über die Bewohnerstruktur und über den Verwalter Bescheid. Bei Gericht liegt das Verkehrswertgutachten des Gutachter aus. Hier erfährt man alles über das Kaufobjekt, z.B. die Grundstücksgröße, Wohnfläche, Baujahr, Zustand, Grundbucheintragungen, Belastungen, Grundriss, Verkehrswert usw. Dieses Gutachten liegt auch bei der Zwangsversteigerung bei Gericht aus und ist für alle einsehbar.
3. Finanzierung
Wie bei allen Grundstückskäufen ist ausreichendes Kapital für den Erwerb einer Immobilie über die Zwangsversteigerung unerlässlich. Die Finanzierung ist mit der Bank oder der Versicherung vorher abzuklären. Die Bank sollte über die Absicht bei einer Zwangsversteigerung, eine Immobilie zu erwerben, informiert werden. Denn es ist eine Sicherheitsleistung in Höhe von 10 % des Wertgutachtens beim Richter während der Versteigerung zu hinterlegen. Diese Sicherheitsleistung kann bestehen aus:
- Bargeld
- bestätigter LZB-Scheck, Vorlegungsfrist mind. 4 Tage
- ein von einer Bank ausgestellter Scheck, Vorlegungsfrist mind. 4 Tage
- Bürgschaft einer dem Gericht bekannten Bank
- oder der Bank bekannten Person.
Nach erfolgtem Zuschlag ist der meistbietende rechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümer , also nicht erst mit Eintragung im Grundbuch. Das Gebot ist mit 4 % p.a Zinsen ab dem Versteigerungstermin bist zum Verteilungstermin (Bezahlung) zu zahlen. Deshalb sollte die finanzierende Bank eine zügige Auszahlung leisten können. Der Verteilungstermin kann auf Wunsch der Beteiligten verlängert werden.
4. Kosten
Folgende Kosten entstehen dem Erwerber:
- 3,5 % Grunderwerbsteuer,
- Kosten für den Zuschlag (richten sich nach dem Meistgebot, liegen aber unter den Kosten eines notariellen Kaufvertrages beim Notar),
- übliche Kosten für Grundbucheintragungen,
- die gesamten Verfahrenskosten, die im Termin verlesen werden, sind aber im Gebot enthalten.
5. Die Versteigerung
Die offizielle Versteigerung beginnt mit der Vorlesung des Grundbuches und dem veranschlagten Verkaufspreis des Gutachters. Anschließend beginnt die Bietezeit, die 30 Minuten andauert. In der Regel wird diese Zeit genutzt um mit Gläubigern Gespräche zu führen oder das Gutachten einzusehen. Wenn man ein Gebot abgeben möchte, meldet man sich persönlich beim Richter und weist sich mit einem amtlichen Legitimationspapier (Pass) aus. Es sollte vorher Einigkeit bestehen, wer die Immobilie erwirbt und Eigentümer wird. Sofern ein Bieter oder Erwerber nicht an der Versteigerung teilnehmen kann, muss vor dem Termin eine notariell beglaubigte Bietungsvollmacht erstellt werden.
Wichtig: Eine spätere Übertragung ist Grunderwerbsteuerpflichtig, so dass die doppelte Grunderwerbsteuer anfällt.
Nach der Aufnahme der Personalien ist die Sicherheitsleistung von 10 % des Verkehrswertes zu hinterlegen. Nun kann man sein Gebot abgeben. Die meisten Interessenten geben ihr Angebot erst in den letzten fünf Minuten ab. Durch ein frühes Gebot können Sie Konkurrenten aus dem Feld schlagen – eine sinnvolle Taktik, wenn Sie sich im Vorfeld mit der Gläubigerbank geeinigt haben. Niedrige Anfangsgebote verärgern allerdings die Gläubigerbank – unter Umständen gibt sie dann selbst ein deutlich höheres Gebot ab
Tipp: Beim Bieten immer nur Euro 1.000, — mehr bieten als der Konkurrent. Warum? Sollte der Zuschlag erteilt werden und bietet man Euro 10.000, — mehr, bezahlt man am Ende Euro 9.000, — zu viel.
Wichtig: Setzten Sie sich unbedingt ein oberstes Limit über das Sie nicht hinaus gehen. Sonst wird die Immobilie überbezahlt und zu teuer.
Gebote können auch nach der Bietezeit abgegeben werden, solange bis ein Meistbietender gefunden ist. Sobald der Rechtspfleger das Meistgebot zum 3. mal aufgerufen hat, ist die Versteigerung noch nicht beendet. Er wird noch ein letztes Mal fragen, ob jemand mehr bieten möchte. Jetzt erst wird die Versteigerung geschlossen.
6. Hinweise und Tipps
Im ersten Versteigerungstermin wird ein Zuschlag bei einem Meistgebot unter 50% des Verkehrswertes nicht erteilt. Zwischen 50% und 70 % kann der Zuschlag von den Gläubigern versagt werden. Beim zweiten Versteigerungstermin gibt es diese Schutzgrenzen von 50% bzw. 70% nicht mehr.
Beabsichtigt ein Bietinteressent für eine juristische Person zu erwerben, ist unbedingt ein aktueller Handelsregisterauszug vorzulegen.
Bei rechtlich selbständigen Objekten (z.B. Wohnhaus und Garage oder Wohnung und Einstellplatz) sollte vorher geregelt werden, ob man beide Objekte gemeinsam kaufen möchte. So wird ausgeschlossen, das ein Dritter z.b. die Garage erwirbt.
Sofern im ersteigerten Objekt ein Mieter wohnt, ist der Käufer erst einmal an den Mietvertrag gebunden. Die Miete ist ab dem Versteigerungstermin fällig. Will man den Mieter nicht übernehmen, ist ein außerordentliches Kündigungsrecht möglich. Und zwar bis 3 Werktage nach dem Zuschlag mit 3 monatlicher Kündigungsfrist. Beispiel: Sie kaufen eine Wohnung am 5.8. müssen Sie bis zum 8.8. dem Mieter gekündigt haben. Der Auszug findet dann spätestes am 1.12 (3 Monate Frist + Rest vom August) statt. Die 3 Tagefrist darf nicht versäumt werden. (Außerordentliches Kündigungsrecht nach ZVG, Zwangsversteigerungsgesetz).
Wird das Objekt vom Eigentümer bewohnt, ist eine angemessene Frist zur Räumung zu setzen. Wird das Objekt nicht freiwillig geräumt, ist der Zuschlagbeschluss dem Versteigerungsgericht zurückzugeben, damit diese dann eine vollstreckbare Ausfertigung zum Zwecke der Zwangsräumung erteilt. Es erübrigt sich dann eine Räumungsklage. Mit dem sogenannten Räumungstitel ist der Gerichtsvollzieher zwecks Zwangsräumung zu beauftragen. Die Kosten hierfür (Transport und Möbeleinlagerung) sind vom Erwerber vorzuschießen. Er hat unter anderem ein Pfandrecht am Mobiliar.