Der Energieausweis

Kaum eine gesetzliche Regelung hat Eigenheimbesitzer und Immobilienkäufer so verunsichert wie die Einführung des Energieausweises. Dabei sind bei näherer Betrachtung nur wenige Angaben erforderlich und von Experten ausgestellte Energieausweise geben sogar konkrete Anhaltspunkte, wo man als Hausbesitzer durch Modernisierungsmaßnahmen Energiekosten senken kann.

Was steht drin im Energieausweis?

energieausweisZunächst enthält der Ausweis – neben der Angabe, bis zu welchem Datum der Ausweis Gültigkeit hat – eine möglichst genaue Beschreibung des Gebäudes. Dazu zählt der Gebäudetyp, Adresse des Objektes, Gebäudeteil (z.B. in Fällen, in denen es einen Büro- und einen Wohntrakt gibt), das Baujahr des Gebäudes, Baujahre der eingesetzten technischen Anlagen (z.B. Heizkessel), die Anzahl der Wohneinheiten bei Mehrfamilienhäusern, die Gebäudenutzfläche (wichtig: nicht die Wohnfläche!) und – falls eingesetzt – erneuerbare Energien und Lüftung. Außerdem kann angegeben werden, aus welchen Gründen der Energieausweis ausgestellt wird. Verpflichtend ist die Angabe des Ausstellers mit dessen Unterschrift.

Es folgt die Angabe, ob der Energieausweis auf Grundlage des errechneten Energiebedarfs oder aufgrund der Auswertung des Energieverbrauchs erstellt wurde und, im zweiten Fall, ob die Erhebung aufgrund von Angaben des Eigentümers oder aufgrund eigener Erhebungen des Ausstellers des Ausweises erfolgte. Außerdem besteht die Möglichkeit, freiwillig Informationen zur energetischen Qualität dem Energieausweis beizufügen.

Wird der Ausweis auf Grundlage des errechneten Energiebedarfs ausgestellt, folgt nun eine farbig angelegte Skala von 0 (grün) bis größer/gleich 400 (rot) Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr. Ein Pfeil oben gibt den errechneten Endenergiebedarf des Gebäudes an, ein Pfeil unten den Jahres-Primärenergiebedarf.

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Der Endenergiebedarf ist der rechnerisch ermittelte Energiebedarf für Heizung, Warmwasser und Lüftung. Er berücksichtigt allerdings keine nutzungsabhängigen Faktoren, so dass sich daraus nicht schließen lässt, wie hoch der reale Energiebedarf sein wird. Eine Familie mit Kindern hat sicherlich einen höheren Energiebedarf als ein Singlehaushalt, da mehr Personen duschen müssen und öfter Wäsche gewaschen wird. Außerdem wird in Bezug auf die zu erwartenden Witterungseinflüsse ein Mittelwert für Deutschland eingerechnet, welcher natürlich in den wenigsten Fällen das Klima am Standort genau trifft. Hier sind starke Ungenauigkeiten möglich.

Trotzdem kann dieser Wert beim Entscheidungsprozess für den Kauf einer Immobilie hilfreich sein. Dann nämlich, wenn Sie mehrere Objekte am gleichen Standort miteinander vergleichen möchten. Durch einfaches Einsetzen der bekannten Kilowattstundenpreise wird schnell deutlich, welches Objekt vermutlich in punkto Energiekosten günstiger abschneiden wird.

Der Primärenergiebedarf berücksichtigt dagegen auch die Energie, die aufgewendet werden muss, damit ein Energieträger im Haus zur Verfügung steht. Es ist der Versuch, die Energieeffizienz und Umweltverträglichkeit eines Gebäudes fassbar zu machen. Je niedriger dieser Wert, desto energieeffizienter ist das Gebäude. Dabei fließt der Erzeugungs- und Transportaufwand als Faktor in die Berechnung mit ein. Direkt am Haus erzeugte Energien wie z.B. Solarenergie sorgen mit Faktor 0 für ein sehr günstiges Ergebnis, fossile Energieträger wie Öl oder Gas schlagen mit dem Faktor 1,1 zu Buche, Strom ist aufgrund der hohen Verluste bei Erzeugung und Transport mit 2,7 der „teuerste“ Energieträger.

Allerdings sorgt der Primärenergiebedarf in der Praxis für viel Verwirrung, da er nichts mit den zu erwartenden Nebenkosten zu tun hat, aber oft mit dem Endenergiebedarf verwechselt wird. In extremen Fällen gaukelt der Primärenergiebedarf ein umweltfreundliches Gebäude vor, obwohl es das genaue Gegenteil ist. Ein schlecht gedämmter Altbau mit einer Scheitholzheizung hat aufgrund des nachwachsenden Rohstoffes Holz (Faktor 0,2) einen besseren Primärenergiewert als ein relativ neues, gut gedämmtes Gebäude mit einem modernen Gas-Brennwertkessel (Faktor 1,1).

Bei Neubauten oder Modernisierungen, für die ein Bauantrag notwendig ist, werden den Ist-Werten auch noch die Anforderungswerte der EnEV gegenübergestellt.

Wird der Ausweis aufgrund des Energieverbrauchs ausgestellt, zeigt die farbige Skala oben statt des Energiebedarfs den sogenannten Energieverbrauchskennwert. Hier wird der tatsächliche Energieverbrauch mindestens der letzten drei Jahre herangezogen. Das ist verhältnismäßig einfach, da die Abrechnungen in der Regel vorhanden oder einfach zu beschaffen sind. Da diese Werte durch Leerstände einzelner Wohnungen oder durch Witterungsbedingungen wie besonders lange und harte Winter stark verfälscht sein können, werden diese Faktoren rechnerisch berücksichtigt. Der Energieverbrauchskennwert zeichnet ein recht genaues Bild des derzeitigen Energieverbrauchs, lässt aber – wie beim errechneten Energiebedarf – keine wirklichen Rückschlüsse auf den künftigen Energieverbrauch zu.

Schwierigkeiten macht beim direkten Vergleich mehrerer Objekte, dass beim Energieverbrauchskennwert der Energieverbrauch für die Warmwasserbereitung nicht zwingend berücksichtigt werden muss, während dieser beim Energiebedarf immer enthalten ist.

Dem Energieausweis beigegeben wird noch ein Anhang mit Modernisierungsempfehlungen. Hier wird aufgelistet, welche Maßnahmen dazu geeignet sind, die Energieeffizienz des Gebäudes zu verbessern, zum Beispiel durch eine bessere Dämmung der Außenwände oder Austausch der Heizungsanlage. Es handelt sich dabei um Empfehlungen, eine Pflicht zur Umsetzung besteht nicht.

Wer braucht den Energieausweis?

Grundsätzlich müssen Sie einen Energieausweis vorlegen können, wenn Sie eine Immobilie oder eine Wohnung innerhalb eines Gebäudes neu verkaufen, vermieten oder verpachten möchten. Auch neu errichtete Gebäude benötigen einen Energieausweis. Haben Sie vor, in Ihrem eigenen Haus wohnen zu bleiben und steht in Ihrer vermieteten Immobilie kein Mieterwechsel an, benötigen Sie keinen Energieausweis.

Wenn Sie eine Immobilie erwerben, sollten Sie unbedingt auf der Vorlage des Energieausweises bestehen. Er kann eine wichtige Entscheidungshilfe zwischen verschiedenen Objekten sein. Ein vermeintliches Schnäppchen kann aufgrund eines höheren Energieverbrauchs oder dringend erforderlicher Modernisierungen teurer werden als ein Altbau, der in den letzten Jahren energetisch auf Stand gebracht wurde.

Lassen Sie sich beim Kauf einer Eigentumswohnung nicht mit dem Hinweis abspeisen, dass der Energieausweis nur für das gesamte Gebäude ausgestellt wird, nicht für einzelne Wohneinheiten. Interessant sind für Sie insbesondere die vorgeschlagenen Modernisierungsmaßnahmen. Diese müssen zwar nicht zwingend umgesetzt werden, könnten aber in den kommenden Jahren von der Eigentümergemeinschaft mehrheitlich beschlossen werden. Dann müssen auch Sie die Kosten mit tragen.

Bedarfsorientierter oder verbrauchsorientierter Energieausweis?

Ob Sie einen Energieverbrauchsausweis oder einen Energiebedarfsausweis brauchen, oder ob Sie sogar wählen können, entscheidet die Art und das Alter Ihrer Immobilie.

Einen bedarfsorientierten Energieausweis benötigen Sie in jedem Fall bei einem Neubau. Ebenso, wenn Sie ihre Bestandsimmobilie umfassend modernisieren lassen oder entsprechend umfassend um- oder anbauen. Im Zuge dieser Maßnahmen wird in der Regel der künftige Energiebedarf von einem Architekten oder Fachingenieur berechnet. Das Ausfertigen des Energieausweises ist dann nur noch eine Formalie.

Für Bestandsimmobilien können Sie zwischen Bedarfs- und Verbrauchsausweis wählen. Sollten Sie jedoch ein Gebäude mit bis zu vier Wohneinheiten besitzen, dessen Bauantrag vor dem 1. November 1977 gestellt wurde, benötigen Sie einen Energiebedarfsausweis. Auch hier gibt es wieder eine Ausnahme von der Ausnahme: hat dieses Gebäude zum Zeitpunkt seiner Errichtung die Anforderungen der Wärmeschutzverordnung von 1977 erfüllt oder wurde dieser Stand durch spätere Sanierungen erreicht, können Sie wieder zwischen Bedarfsausweis und Verbrauchsausweis wählen.

Was ist nun besser? Der verbrauchsorientierte oder der bedarfsorientierte Energieausweis? Das lässt sich so ohne Weiteres nicht sagen.

Der Bedarfsausweis berücksichtigt die eingesetzten Bauteile mit ihren entsprechenden Transmissionsverlusten. Sind die verwendeten Bauteile mit den dort eingesetzten Baustoffen und auch Schwachstellen des Bauwerks bekannt, zeichnet der Bedarfsausweis ein recht genaues Bild des tatsächlichen Energiebedarfs, allerdings ohne nutzer- oder witterungsspezifische Besonderheiten.

Der Verbrauchsausweis basiert auf den tatsächlichen Verbrauchsdaten der letzten Jahre. Hier gilt: je ähnlicher sich bisheriger und künftiger Nutzer sind, desto aussagekräftiger ist der Ausweis in Bezug auf die zu erwartenden Energiekosten. Da die Werte jedoch nur auf dem Verbrauch basieren, bleiben bautechnische Schwachstellen oft unerkannt. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Aussteller des Ausweises keine Vorort-Begehung durchgeführt hat.

Für den Immobilienerwerb sind die Modernisierungsempfehlungen fast wichtiger als der angegebene Energiebedarf oder Energieverbrauch. Sie zeigen deutlich, welche Investitionen in Zukunft anstehen werden oder wie man die gefürchtete „zweite Miete“, die Energiekosten, deutlich senken kann.