Eigenleistung beim Hausbau ohne Milchmädchen-Rechnung

Viele Immobilienbesitzer möchten beim Neubau, bei der Renovierung ihres Altbaus oder beim Ausbau ihres Hauses Arbeiten in Eigenleistung erbringen, um beim Hauskauf Geld zu sparen. Dagegen ist nichts einzuwenden, wenn vorher die Rahmenbedingungen geklärt sind und Sie einige Punkte bedenken: es gibt Arbeiten, die auch ein Laie bedenkenlos selbst machen kann. Andere Aufgaben benötigen zwingend einen Fachmann, z.B. Elektro- oder Heizungsinstallation. Dazwischen liegt eine große Spanne von Arbeiten, bei denen abgewogen werden muss, ob ein vernünftiges Kosten-Nutzen-Verhältnis erreicht wird. Beim Neubau gilt die Faustformel: mit 1000 Stunden Eigenleistung kann man etwa 10% der Baukosten einsparen. Doch das gilt nicht für alle Gewerke und alle Projekte im gleichen Maße. Ob Eigenleistung Sinn macht oder ob man unter dem Strich bei der Fremdvergabe sogar noch spart, kommt immer auf den Einzelfall an.

Eigenleistung oder nicht? – Abschätzen des Projektes

Wie schätzt man so ein Projekt richtig ab? Wichtig ist, sich vorher grundlegend und umfassend zu informieren. Viele Selbstbauer vergessen zum Beispiel, dass man mit Eigenleistung nur die Arbeitskosten sparen kann. Materialkosten fallen trotzdem an und sind meist höher, als man auf den ersten Blick vermutet. Ein Beispiel: ein Raum von 20 m² soll mit Parkett belegt werden. An Materialkosten fallen an:SAMSUNG CSC

  • 20 m² Parkett plus 10% für Verschnitt
  • 20 m² Folie als Dampfsperre gegen den Estrich
  • 20 m² Trittschalldämmung
  • Fußleisten an allen Wänden
  • Übergangsprofile an den Übergängen zu einem anderen Bodenbelag und an den Türen
  • Keile als Abstandhalter in den Dehnungsfugen während der Verlegung
  • eventuell Holzleim
  • eventuell spezielle Abdeckungen für Heizungsleitungen
  • Werkzeug für die Verlegung, z.B. Stichsäge, evtl. Kreissäge, evtl. Gehrungssäge, evtl. Topfbohrer, Zugeisen, Schlagholz…

Vor Beginn eines Projektes sollten Sie deshalb zunächst genau zusammenstellen, was Sie an Material benötigen. Dabei sollten Sie Nebenkosten wie Fahrtkosten zum Baumarkt, Kosten für das Mieten eines Anhängers oder Lieferkosten vom Händler mit einbeziehen. Denken Sie auch an die passende Arbeitskleidung. Kniepolster sind beim Parkett Verlegen und Fliesen unbedingt notwendig, für andere Arbeiten benötigen Sie Sicherheitsschuhe, Schutzbrille oder Atemschutzmaske.

Wichtig ist eine gute Einschätzung der eigenen Fähigkeiten und der eigenen Leistungsfähigkeit. Wie viel Zeit können Sie realistisch einsetzen? Es ist ein alter Witz, dass sich bei zeitintensiven Arbeiten am meisten Geld mit Eigenleistung sparen lässt. Gleichzeitig sind das aber die Arbeiten, die höheres handwerkliches Geschick erfordern als die „schnellen“ Arbeiten. Um beim Beispiel zu bleiben: Klickparkett ist für den Laien schnell und einfach zu verlegen, für die Handwerker auch. Der Fachhandwerker ist natürlich durch seine Berufserfahrung wesentlich schneller, es fallen also nicht so viele Arbeitsstunden an. Daraus ergibt sich, dass die Arbeitskosten im Vergleich zu den Materialkosten hier nicht so sehr ins Gewicht fallen. Anders sieht es aus, wenn ein Massivparkett verlegt wird, möglichst noch mit einem eingearbeiteten Muster. Hier müssen Sie sehr viel Zeit einplanen und brauchen wesentlich mehr handwerkliches Geschick.

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Beim Neubau oder größeren Renovierungen ist es wichtig, nur solche Arbeiten in Eigenleistung zu übernehmen, die im Bauablauf unkritisch sind. Wenn das Folgegewerk auf die Fertigstellung einer Eigenleistung angewiesen ist, kann es zu Verzögerungen kommen, wenn Sie Ihre Arbeitsgeschwindigkeit falsch eingeschätzt haben oder etwas dazwischen kommt. Das kann zu einer Kettenreaktion führen, die Sie schließlich teuer zu stehen kommt. Beispiel: Sie machen die Abdichtung des Kellers in Eigenleistung. Sie kommen nicht so schnell voran wie gedacht, damit verschiebt sich der Termin für das Verfüllen der Baugrube. Dadurch kann das Gerüst erst später gestellt werden, es verschieben sich die Zimmerer-, Dachdecker, und Fensterbauarbeiten mit den entsprechenden Konsequenzen für die Ausbaugewerke. Hinzu kommt, dass die Frage der Gewährleistung schwierig zu klären ist, sobald irgendwo ein Arbeitsschritt in Eigenleistung erstellt wurde. Wenn Sie den Innenputz selbst gemacht haben und eine feuchte Stelle im Bad entsteht, werden sich Maurer, Sanitärinstallateur und Fliesenleger sehr schnell einig sein, dass das an Ihrem Putz liegt. Übernehmen Sie also am besten nur Arbeiten, die zu erledigen sind, wenn alle Handwerker ihre Leistungen fertiggestellt haben. Es ist fast immer sinnvoll, sich verschiedene Angebote von Handwerkern zu holen, bevor man sich zur Eigenleistung entschließt. Oft erlebt man die Überraschung, dass die Ausführung durch einen Fachhandwerker nicht sehr viel teurer ist, da dieser sein Werkzeug selbst mitbringt und über den Großhandel das Material billiger beziehen kann. Außerdem haben Sie als Auftraggeber Anspruch auf eine mängelfreie Ausführung. Unsauber verlegte Stellen müssen Sie nicht hinnehmen, der Handwerker muss nachbessern, bevor er sein Geld erhält. Haben Sie als Eigenleister gepfuscht, ärgern Sie sich vielleicht noch nach Jahren über die unschöne Stelle.

Erfolgreiche Eigenleistung: eine Frage von Teamwork und Baustellenorganisation

Der Begriff „Eigenleistung“ provoziert ganz unterschiedliche Reaktionen. Während die einen von furchtbaren Strapazen und vielen Streitereien berichten, bekommen andere leuchtende Augen und schwärmen von ihrem letzten Projekt. Forscht man etwas nach, erweist sich, dass Erfolg und Misserfolg unter anderem von der richtigen Verteilung der Arbeit auf der Baustelle abhängen. Eine große Zahl von Leuten, die mit anpacken, sind eigentlich nur bei einer Art von Projekt wirklich gut: bei einem Umzug. Bei allen handwerklichen Projekten gilt: unbeschäftigte Helfer sind genauso kontraproduktiv, wie der völlig überlastete einsame Kämpfer, der alle Handgriffe selbst machen muss. Eine gute Arbeitsverteilung mit klar definierten Aufgaben ist das A und O. Während Vater und Tochter in den Baumarkt fahren und das Material besorgen, bereiten Mutter und Sohn die Baustelle vor, verlegen z.B. Folie und kleben Fenster ab. Beim Parkett verlegen sägt einer zu, der andere verlegt und zeichnet neu an. Ein Dritter macht den Handlanger, bedient den Staubsauger, reicht Werkzeug an und sorgt für Getränkenachschub. Bei gleicher Begabung kann in regelmäßigen Abständen gewechselt werden. Vermeiden Sie, dass ein Familienmitglied immer nur die Handlangerdienste macht. Das frustriert mit der Zeit. Gerade älteren Kindern kann man durchaus einmal eine anspruchsvollere Aufgabe übertragen. Lassen Sie z.B. Ihre Tochter Ihr Zimmer selbst streichen. Auf etwas, was man selbst gemacht hat, ist man stolz und man passt in der Regel besser darauf auf. Außerdem schult es die praktischen Fähigkeiten und Sie werden eventuell später nicht jedes Mal eingespannt, wenn eine handwerkliche Kleinigkeit an der Studentenbude zu erledigen ist.

Vermeiden Sie auch, ein Familienmitglied zwangszuverpflichten. Ehe Sie Ihrer Frau den dritten Samstag in Folge vermiesen, weil Sie sie beim Gartenhausbau benötigen, locken Sie lieber Ihren Nachbarn mit einem Kasten Bier, ausreichend Brotzeit und mit der Ankündigung von Hilfe beim nächsten Baumschnitt über den Zaun. Eigenleistung gelingt nur mit motivierten Mitarbeitern. Häufiger Streitpunkt, wenn Eigenleistung erbracht wird: das Haus oder die Wohnung sieht aus wie eine ewige Baustelle. Vermeiden Sie das durch eine ordentliche Baustellenorganisation. Das wichtigste dabei: Richten Sie vor Beginn des Projektes alle dafür notwendigen Werkzeuge und Materialien an zentraler Stelle im zu bearbeitenden Raum her. Nach Abschluss der Arbeiten wird überflüssiges Werkzeug und Material sofort wieder weggeräumt, ebenso der Müll entsorgt. Dies gilt auch für Teilabschnitte. Wenn alle Fenster und Lichtschalter abgeklebt sind – und das nochmals kontrolliert wurde – verschwinden der Rest Abdeckband und die Folie wieder da, wo sie hingehören. Und wenn man doch noch ein Stück Abdeckband während der Arbeiten braucht? Dann ist es schneller von seinem üblichen Platz geholt, als es zwischen Zeitungspapier, Farbeimern und Leitern wiedergefunden ist!

Als Wochenendeigenleister sollten Sie dafür sorgen, dass die Baustelle unter der Woche eben keine Baustelle mehr ist. Ein halb gefliestes Bad, das aber ansonsten ordentlich aussieht, zehrt nicht so sehr an den Nerven wie das gleiche Bad, in dem Werkzeug, Eimer und Fliesenkleber herumstehen.

Zeitmanagement – der Tag hat nur 24 Stunden

Wie sieht ein gutes Zeitmanagement für Eigenleistungen aus? Der Gesetzgeber hat die wöchentliche Arbeitszeit auf 60 Stunden begrenzt, d.h. arbeiten Sie beruflich 40 Stunden in der Woche, sollten sie maximal 20 Wochenstunden in die Eigenleistung fließen lassen. Die 60-Stunden-Woche gilt zwar nur für die Berufsarbeit, doch dass diese Zahl durchaus dem gesunden Menschenverstand entspricht, ergibt eine einfache Rechnung: Die Woche hat 168 Stunden. Für die Arbeit gehen täglich 8 Stunden drauf, zuzüglich mindestens 1 Stunde Mittagspause und An- und Abfahrt (bei den meisten Leuten mehr), ergibt 45 Stunden. Der Mensch braucht 8 Stunden Schlaf, macht 56 Stunden wöchentlich. Mindestens 1 Stunde am Tag benötigt man zur Nahrungsaufnahme. Es verbleiben also 60 Stunden in der Woche an freier Zeit. Es sollte eigentlich selbstverständlich sein, dass man Familie und Freunden doppelt soviel Zeit gönnt, wie einem Bauprojekt – sei es auch noch so spannend. Ihnen gebühren also 40 Wochenstunden, der Eigenleistung nur 20. Tatsächlich findet man in Immobilienportalen und auf Zwangsversteigerungen des Öfteren Angebote, bei denen das Verhältnis umgekehrt war. Die meiste Zeit auf der Baustelle – das hält auf die Dauer selbst die stabilste Beziehung nicht aus.

Bleiben Sie bei der Zeiteinschätzung realistisch. Wenn Sie morgens üblicherweise eine Dreiviertelstunde zur Arbeit brauchen, obwohl der Routenplaner 32 Minuten berechnet, rechnen Sie mit der Dreiviertelstunde. Wenn Sie einmal in der Woche abends zwei Stunden zum Handballtraining gehen, schlagen Sie diese zwei Stunden auf das fest eingeplante Stundenkontingent (wie die Arbeit) und ziehen Sie sie nicht von der Familienzeit ab. Begeisterte Eigenleister neigen dazu, ihre früheren Freizeitvergnügungen vollkommen aufzugeben, um sich auf die Projekte zu konzentrieren. Das macht mit der Zeit einsam und belastet das Familienleben.

Die gesündeste Formel, auch für längerfristige Projekte, lautet immer: höchstens ein Drittel für die Eigenleistung, zwei Drittel für mich, Familie und Freunde. Teilen Sie sich die Eigenleistungen in realistische Arbeitsetappen ein. „Ein Raum – ein Tag“ ist zwar ein markiger Spruch, funktioniert aber schon bei professionellen Handwerkern nicht immer. Setzten Sie sich statt dessen lieber logische und schaffbare Arbeitsabschnitte. In einfachen Fällen kann ein Tagwerk durchaus einmal lauten „Kinderzimmer mit Parkett belegen“. Es kann aber auch lauten „alle komplizierten Bereiche mit Fensterlaibung und Heizkörpern ausmessen und Paneele sauber dafür zuschneiden“. Wichtig ist, sich Ziele zu setzen. Sonst haben Sie entweder ein Projekt, welches Sie ewig verfolgt, oder Sie überarbeiten sich, weil Sie „bloß noch schnell“ dies und das machen wollen, auch wenn es schon weit nach 22 Uhr ist. Was für die Wochenstunden gilt, gilt auch für den Arbeitstag: die richtige Einteilung ist entscheidend. Nichts ist schöner, als ganze Tage richtig Zeit für die Eigenleistung zu haben. Eine 9-Stunden-Schicht und Stress auf der Autobahn sind schlechte Voraussetzungen, um noch zwei Stunden gute Eigenleistung zu bringen. Arbeiten nach Feierabend sieht man leider viel zu oft an, dass die Konzentration eben nicht mehr da war. Eine Ausnahme gibt es allerdings: vielleicht sind Sie der Typ Eigenleister, dem es gut tut, nach acht Stunden Büroarbeit noch zwei Stunden mit den Händen zu arbeiten, um ein konkretes Ergebnis vor Augen zu haben. In diesem Fall ersetzt die Eigenleistung das Fitnessstudio – und erzielt häufig recht ansehnliche Ergebnisse. Im Allgemeinen ist es jedoch besser, einen Tag für die Eigenleistung reserviert zu haben. Der Samstag ist der klassische Tag dafür. Ein Tipp: besorgen Sie unter der Woche alles notwendige Baumaterial und auch die üblichen Lebensmitteleinkäufe. Am Samstag verbringen Sie mehr Zeit in der Warteschlange des Baumarktes und des Supermarktes als auf der Baustelle. Kontrollieren Sie Donnerstag Abend noch einmal ihre Materialliste, um zur Not Freitag nach Feierabend noch etwas besorgen zu können. Nichts ist schlimmer, als die Arbeit wegen eines fehlenden Päckchens Schrauben unterbrechen zu müssen.

Bei den Handwerkern gilt: um neun ist Frühstückspause, um zwölf ist Mittag, um fünf fällt der Hammer. Das müssen Sie zwar nicht so halten, aber orientieren Sie sich daran. Pausen gehören zur Arbeit dazu. Gerade bei Arbeiten, die eine ungesunde Körperhaltung bedingen – wie Parkett verlegen oder Über-Kopf-Streichen – sind regelmäßige Pausen eine Wohltat für den Körper und sorgen dafür, dass Sie wieder Energie fürs Weiterarbeiten haben. Der Feierabend ist ebenso wichtig. Oft hört man gerade in Neubaugebieten noch weit nach 20 Uhr Arbeitsgeräusche. Auch wenn es schwer fällt: verzichten Sie darauf. Die meisten Unfälle und der meiste Pfusch passiert, wenn der Kopf noch will, der Körper aber schon erschöpft ist. Ein Raum, in dem man eben am nächsten Wochenende noch Fußleisten anbringen muss, ist nicht so belastend, wie ein Raum, in dem man einige Bahnen Parkett wieder herausreißen muss. Machen Sie zu einer angemessenen Zeit Feierabend und sorgen Sie mit einem zünftigen Abendessen für einen erfolgreichen Tagesabschluss. Das tut Körper und Seele gut und hält Ihre Helfer motiviert.